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Bernd Braun führt seit Sommer 2006 das deutsche Generalkonsulat in St. Petersburg (Foto: eva/SPZ) | |
Montag, 12.02.2007
Bernd Braun: Das Visaregime fällt nicht so schnell
St. Petersburg. Der 60 Jahre alte Jurist aus Berlin ist seit Juli 2006 deutscher Generalkonsul in St. Petersburg. Als Diplomat war er unter anderem in Kenia, in Ungarn, der Ukraine und bei der UN in New York aktiv.
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SPZ: Herr Braun, die wechselnden Einsatzorte eines Diplomaten hinterlassen ja doch eine Spur in dessen Persönlichkeit und Spezialisierung. Wo waren Sie tätig, bevor Sie nach Petersburg kamen?
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Ich habe mich schwerpunktmäßig im östlichen Europa aufgehalten. Ich komme jetzt zwar direkt aus Kenia, aber davor war ich im Auswärtigen Amt für den Kaukasus und Zentalasien zuständig und davor Leiter der OSZE-Mission in Tallinn – und wiederum davor Gesandter in Kiew. Auch war ich in den historischen Wendejahren 1989 bis 1991 an der Botschaft in Budapest tätig.
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SPZ: Wie wird der Standort St. Petersburg unter Diplomaten denn so eingeschätzt?
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Er ist ein begeherter Posten. Und unter den Osteuropa-Experten gilt Petersburg schon als gewisse Auszeichung.
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SPZ: Haben Sie in den ersten Monaten, die sie nun erstmals ständig in Russland verbracht haben, gewisse mitgebrachte Vorstellungen über Russland revidieren müssen – oder haben sich solche bestätigt?
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Mein Frau und ich sind ja vorher schon in Kiew gewesen und haben den Wandel dort hautnah miterlebt. Vieles von dem, was wir dort gesehen haben, gilt auch für St. Petersburg. Die Stadt hat sich enorm gewandelt und geöffnet. Aber es gibt natürlich auch Dinge, die sich kaum verändert haben. Die Bürokratie zum Beispiel ist ein Faktor, mit dem wir uns dauernd zu beschäftigen haben. Da hat sich Russland noch nicht stark geändert - zum Beispiel, als wir hier mit dem Auto ankamen: Da wurde plötzlich ein Papier verlangt, von dem man den Kollegen hier vorher bei ihren Recherchen nichts gesagt hatte – und das Papier, von dem es hieß, das müsse man unbedingt mitbringen und es sei ganz wichtig, weil damit käme man unbeschadet rein, das war plötzlich überhaupt nichts mehr wert.
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SPZ: Haben Sie sich für ihren ja üblicherweise drei Jahre dauernden Einsatz hier gewisse Ziele gestellt oder Teilbereiche vorgenommen, um die Sie sich besonders kümmern wollen?
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Die Förderung und Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft. Ich möchte herausfinden, wie wir die zahlreichen Forschungsinstitute hier in St. Petersburg fördern können und wie wir deren Arbeit auch für uns besser nutzbar machen können – sei es in der Kooperation mit deutschen Forschungsinstitutionen oder für deutsche Unternehmen, die hier möglicherweise Forschungsarbeiten durchführen lassen können. Auich die Mittelstandsförderung und Industrieansiedlung ist mir in diesem Zusammenhang natürlich wichtig. Das zweite wäre die Förderung der deutschen Sprache. Hier möchte ich mich gerne für den Ausbau der Förderschulen der deutschen Sprache einsetzen. Konkret werden wir im nächsten Jahr wieder eine deutsche Kulturwoche veranstalten. Und natürlich kümmere ich mich auch um die Russlanddeutschen, die hier leben. Es ist mir ein Anliegen, dass die kulturellen Bedürfnisse der deutschen Minderheit hier ausreichend geschützt und berücksichtigt werden.
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SPZ: Tangieren Sie die Fragen der russlanddeutschen Auswanderung noch in Ihrer Arbeit – oder hat sich das mittlerweile zu einer Routineangelegenheit eingeschliffen?
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Im Prinzip behandelt das die Visaabteilung bzw. das Rechts- und Konsularwesen. Das verläuft eigentlich alles in geordneten Bahnen. Als ich Mitte der 90er Jahre in Kiew war, war das noch ein viel größeres Thema. Grundsätzlich will ich aber zusehen, wie wir das Visa-Regime für Russen einfacher gestalten, Wartezeiten verkürzen und alles in allem angenehmere Bedingungen bei der Visa-Erteilung schaffen können.
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SPZ: Grundlegende Änderungen stehen hier aber wohl kaum in Ihrer Macht?
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Ja, das Visaregime wird wohl so schnell nicht abgeschafft werden, zumindest nicht in meiner Zeit hier. Es wird wohl eher so sein, dass es noch komplizierter wird, weil bald noch biometrische Daten genommen werden müssen. Noch gibt es keinen konkreten Zeitpunkt, aber 2008 werden wir wohl damit anfangen müssen. Allerdings will ich nicht ausschließen, dass es dann für diejenigen, die einmal biometrisch registriert worden sind, gewisse Erleichterungen gibt. Aber noch haben wir hier vor Ort keine Vorstellungen, wie alles umgesetzt werden wird – bislang verhandeln das noch die Ministerien in Deutschland untereinander sowie mit den anderen Schengen-Staaten.
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SPZ: Haben Sie denn in Ihren ersten Monaten in Petersburg schon einen Lieblingsplatz für sich entdeckt?
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Ich mag den Taurischen Garten hier gleich nebenan. Da kann man wunderschön spazieren gehen. Und es gibt einen Blick, der gefällt mir besonders: Wenn man abends aus dem Mariinski-Theater kommt und über die Moika fährt, dann steht die Isaakskathedrale so wunderbar in der Achse des Kanals.
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SPZ: Herr Braun, herzlichen Dank für das Gespräch!
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Interview: Lothar Deeg/SPZ
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