Neuer Glanzpunkt des Katharinen-Palasts: Die Achatzimmer des Architekten Cameron (Foto: tzar.ru)
Freitag, 27.09.2013
Die Achatzimmer: Katharinas Luxus-Apartment ist saniert
St. Petersburg. Der Katharinen-Palast ist um eine Attraktion reicher: Die üppig mit Halbedelstein ausgekleideten „Achatzimmer“ konkurrieren dort nun mit dem Bernsteinzimmer um den Ruhm des wert- und glanzvollsten Interieurs.
Bei einem Bauwerk namens „Kalte Bäder“ erwartet man nicht unbedingt ein architektonisches Highlight. Doch im Petersburger Schloss-Vorort Zarskoje Selo (amtlicher Name: Puschkin) steht seit dem heutigen Tag wieder ein atemberaubendes Design-Wunder des 18. Jahrhunderts in einem Bauwerk dieses Namens offen: Die sieben „Achat-Zimmer“ nehmen das Obergeschoss der „Kalten Bäder“ ein. Selbige sind wiederum Teil eines Anbaus an den Katharinenpalast, den in den 1780er Jahren der damalige Stararchitekt Charles Cameron errichten durfte.
Faktisch handelte es sich dabei um ein Luxus-Apartment für Schlossherrin Katharina die Große – und das schottische Architektur-Genie vereinte darin gekonnt zwei ästhetische Lieblingsthemen des damaligen Hochadels: Die Begeisterung für die griechisch-römische Antike und die Welt der Mineralien.
Eintrittskarten sind limitiert
Die Achatzimmer und die Ausstellung über die Renovierung sind ab jetzt täglich außer Donnerstag von 10 bis 18 Uhr zugänglich. Allerdings ist zur Schonung des Bauwerks die Besucherzahl limitiert: Eingelassen wird nur alle 30 Minuten eine Gruppe von 15 Personen. Der Eintrittspreis beträgt 300 Rubel.
An Material mangelte es dem Zarenhof damals nicht: Vor allem im Ural waren reiche Vorkommen an Achat und Jaspis entdeckt worden. So konnte Cameron für die Innenausgestaltung der Räume damals 25 Tonnen verschiedenfarbiger Schmucksteine verbauen – und viel Marmor noch obendrein. Der dunkelrote sogenannte „Fleisch-Achat“ wurde allerdings nur in zwei Kabinetten zur Wandverkleidung verwandt, doch prägte deren Pracht den Namen der ganzen Räumlichkeiten.
Fleisch-Achat nannte man den blutroten Halbedelstein, der hier ganze Wände schmückt (Foto: tzar.ru)
Drei Jahre dauerte die jetzt abgeschlossene Restaurierung der Achatzimmer, 405 Mio. Rubel (ca, 9,5 Mio. Euro) hat sie gekostet. Zu drei Vierteln wurden die Kosten von der russischen Bahngesellschaft RZD und deren Wohltätigkeitsfond Transsojus übernommen, den Rest bezahlte der Staat.
Bernstein-Experten haben umgelernt
Da Achat und Jaspis im Gegensatz zu Marmor sehr harte und schwierig zu bearbeitende Materialien sind – erst recht, wenn es um Flächen in Wandgröße geht – kam dem Museumskomplex sehr zu Gute, dass man hochqualifizierte Experten im Haus hat: Faktisch war die Achatzimmer-Sanierung der Folgeauftrag für die hauseigene Bernsteinwerkstatt, die 2003 die museale Fachwelt mit dem Abschluss ihrer Komplett-Rekonstruktion des Bernsteinzimmers beeindruckte.
Eine Ausstellung im Erdgeschoss der Kalten Bäder zeigt nun, wie die Steinspezialisten von Zarskoje Selo auch mit dieser komplexen Aufgabe fertig wurden.
Wie Museums-Direktorin Olga Taratynowa bei der feierlichen Eröffnung erklärte, rückte man bei der Achatzimmer-Restaurierung von der bisher im russischen Denkmalschutz üblichen Praxis ab, ein altes Baudenkmal zu perfektionieren und „vielleicht sogar besser zu machen als es jemals war“: Jetzt wurde vorrangig nur bewahrt und repariert, was noch vorhanden war – weshalb beispielsweise verlorene Teile von Figuren in Flachreliefs nur durch eine Markierung ihrer Silhouetten gekennzeichnet wurden.
Deutsche Besatzer nahmen Dekor-Elemente mit
Die Patina von mehr als zwei Jahrhunderten, aber auch so manche Wunde, die während des Zweiten Weltkriegs dem Prachtbau geschlagen wurde, blieb so als Zeugnis der Zeit erhalten.
Denn zur Geschichte der Achatzimmer gehört auch, dass sie im Zweiten Weltkrieg während der Belagerung Leningrads von der Wehrmacht als Offiziers-Club benutzt wurden – und deshalb, anders als das demontierte und dann 1945 verloren gegangene Bernsteinzimmer, an Ort und Stelle erhalten blieben.
Geplündert wurden die Lieblingsräume der deutschstämmigen Kaiserin von ihren Landsleuten dennoch: Vor dem Abzug wurden reihum Jaspis-Vasen, Skulpturen und Bronze-Reliefs herausgebrochen und gestohlen – allerdings nur jene Objekte, die sich für die Landser in Griffhöhe befanden.
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